Totes Meer und mehr

18März2018

Mehr Totes Meer als heute geht nicht mehr. Nicht nur, weil dieser See zwischen Israel und Jordanien täglich kleiner wird und schon jetzt durch eine Landzunge in zwei Hälften geteilt ist, sondern weil die uns bekannte Reisegruppe gleich fünf Ziele am Westufer anläuft. Und das an einem einzigen Tag.

Los geht’s morgens um 8 bei schattigen 18 Grad am Fuße des 700m hoch gelegenen Mount of Olives, wo das schöne Panorama-Hotel liegt. Schon 30 Minuten später werden die Exkursionsteilnehmer von einem Kamel an der Stelle begrüßt, an der das Meeresniveau erreicht ist, also null Meter über Normal-Null.

Finn (das ist nicht der Name des Kamels, sondern er ist unser Experte für Salziges) wirft mit weiteren Zahlen um sich. Es geht noch über 400m tiefer – um an den am tiefsten gelegenen Ort der Erde zu gelangen, den man trockenen Fußes erreichen kann. Der Salzgehalt hat die 30% Marke überschritten und steigt weiter. Bei Temperaturen von inzwischen 25 Grad sieht man die Verdunstung als Schleier über dem See hängen. Die Wassermengen, die hier kubikmeterweise entweichen, kann der Jordan als einziger Zufluss nicht kompensieren und mit Niederschlägen sieht’s auch mau aus. In geschätzten 20 Jahren wird das Tote Meer tot sein.

Deshalb beeilt sich der blaue Busfahrer Maher auch, um nach Qumran zu kommen. Dieser Ort, an dem man die berühmten Qumran-Rollen gefunden hat, liegt nun wirklich in der Wüste. Die Reisegruppe verlässt schon jetzt, so gegen 9.30 Uhr nur ungern den gut klimatisierten Bus, denn draußen sind es jetzt 30 Grad.

Auch hier schaut man nur kurz herum, um einen Blick auf die Ausgrabungen und auf  die Höhlen zu werfen, in denen die Schriftrollen gefunden wurden. Der Ausblick auf das Jordantal und das Tote Meer ist grandios, aber es wird noch besser.

In En Gedi ist es grün. Mitten in der Wüste sprudelt hier ein munteres Bächlein den Berg hinab, bildet dabei kleine Seen und mehrere Wasserfälle. Tiere und Menschen genießen die schattigen Plätze, die die Palmen und Zypressen hier bieten. Kein Wunder, dass der Ort mehrfach im Alten Testament erwähnt wird, auch in Zusammenhang mit David, der sich hier an einem Wasserfall vor König Saul versteckte.

Über Stock und Stein, durch Schilf und bei gut 30 Grad klettern die Exkursionisten das Tal hinauf bis zu David's Wasserfall, einem lauschigen Plätzchen mitten in der Wüste. Gut, dass alle Teilnehmer an festes Schuhwerk gedacht haben.

Das gilt auch für das vierte Ziel am heutigen Tag. Masada ist ein Tafelberg, den man auch zu Fuß erklimmen kann. Mittagszeit in Masada bedeutet 35 Grad im Schatten. Der "Snake Path" den Berg hinauf hat aber gar keinen Schatten. Daraus folgt logisch: wir nehmen die Bahn.

Eine schmucke Seilbahn Schweizer Bauart fährt dankenswerterweise bis zum Gipfel, also an die Stelle, wo im Jahr 74 nach Christus eine lange Belagerung durch die römischen Invasoren ihr Ende fand. Die Belagerten haben sich lieber selbst getötet, statt in die Hände des Feindes zu fallen. Das finden Israelis bis heute so grandios, dass "der Geist von Masada" heute Teil der soldatischen Grundausbildung ist.

Die Aussicht aus der Seilbahngondel ist noch grandioser als vorher in Qumran. Wenn man den richtigen Platz hat und an seinen schwitzenden Mitfahrern vorbei in die Tiefe gucken kann, wird man mit einem Rundumblick auf die Negev Wüste belohnt - auf mächtige Berge, auf die fast weiße Ebene und auf das Blau des Toten Meeres. Am Kopf des Felsens stehen die Reste des Palastes von Herodes. Der Mann hatte Geschmack - das war ja auch schon in Caesarea zu spüren. Einige findige Gruppenmitglieder haben natürlich sofort die etwas versteckte Treppe zum "Northern Palace" gefunden. Hierhin verlaufen sich nur wenige der bestimmt 2000 Menschen auf dem Berg. Der Wanderer wird mit dem freien Blick auf die Ebene und das Meer belohnt.

Eine bestimmt 200köpfige texanische Fundamentalistengemeinde samt Pastor versucht, eine größere Gruppe südkoreanischer Pilger so zu überholen, dass sie die ersten an der Seilbahn sind. Irgendwo dazwischen schieben die Krefelder auch Richtung Abfahrtsstelle nach unten und merken: es ist es gar nicht so einfach, einen Platz in der zutalfahrenden Gondel zu bekommen. Es ist zugegeben etwas stressig, aber Eile spart Zeit - Zeit, die die Krefelder lieber für ein Bad im Toten Meer verwenden wollen. Vier wahnsinnige BMMG Mädels wollen sich die Wartezeit ersparen und gehen tatsächlich zu Fuß den Berg hinunter. Zuerst im Wanderschritt, aber die letzten paar hundert Meter dann im Sprint, um den Anschluss nicht zu verpassen. Irgendwie bekloppt in der Mittagshitze bei 35 Grad ohne Schatten, aber verstehe einer die Frauen.

In En Bokek ist das Baden im Toten Meer endlich möglich. Der blaue Bus erreicht seine Parkposition genau vor der Verkaufsstelle von Premier Cosmetics samt Restaurant. Das kann kein Zufall sein. Die Frage ist nun: kann die russisch-israelische Kosmetik-Fachverkäuferin die Krefelder so entscheidend motivieren, dass sie ihr Vorhaben verschieben, in den salzigen See zu steigen und sich stattdessen die Cremes und Salben anschauen?

Nach drei Minuten Ansprache ist die Frage beantwortet. Der Shop ist leer und einige Jungs sind schon fast im Wasser. Weitere zehn Minuten und fast die gesamte Gruppe paddelt vorsichtig in der salzigen Brühe. Man schwimmt bekanntermaßen von selbst. Der Betrachter hat den Eindruck, hier hat jeder vor dem Baden eine Luftmatratze gefrühstückt.

Der berühmte Schlamm aus dem See, der ja gut für die Haut sein soll, ist in diesem südlichen Teil nicht am Ufer zu finden. Ruth hat aber vorgesorgt und im Shop mal ein Tütchen erworben. Sieht schon etwas seltsam aus, so eine Ansammlung schlammiger Gestalten, aber was tut man nicht alles für die Schönheit.

Am Endes des Tages und zurück in Jerusalem heißt es Sachen packen, denn morgen früh ist schon Abfahrt.