Nochmal durch die Stadt

17März2018

Richtig ausgeschlafene Gesichter sieht man heute Morgen im 6. Stock des Panorama-Hotels zu Ost-Jerusalem. Dort im Frühstücksraum ist um kurz nach halb neun das Buffet schon relativ abgegessen. Heute nehmen die Mitglieder der Montessori-Israel-2018 Mission das aber in Kauf, weil sie endlich mal länger schlafen durften. Auf unglaubliche sieben Stunden brachte es ein Delegationsmitglied. Dabei hat der Muezzin sich in der Nacht gleich zweimal erdreistet, seine Stimme zu erheben. Wer dabei weiterschläft, der ist wirklich in Jerusalem angekommen.

Das Tischgespräch dreht sich um desn gestrigen Abendbesuch in der Grabeskirche. Der hat wohl geklappt, wenn auch knapp und mit Geschiebe und Gedränge.

Höchste Zeit für Yalla Yalla. Dieser arabische Appell, man möge sich doch bitte beeilen, heißt wörtlich übersetzt „Allah möge dir auf deinem Weg beistehen“. Auf niederrheinisch also: „Geh mit Gott, aber flott.“ Ruckzuck steigt die Gruppe ins Kidron Tal und wieder hinaus. Inzwischen eine Kleinigkeit. Durch das Dung Gate und links die Stufen hoch zum jüdischen Viertel – dann am Olivenbäumchen rechts am Platz der Klagemauer vorbei und dann wieder nach links und hoch an den arabischen Händlern vorbei zum Jaffa Gate.

Denn heute beginnt der zweite Teil des Stadtrundgangs in luftiger Höhe auf der Stadtmauer, die Sultan Suleiman im 16. Jahrhundert hier hinterlassen hat. Man bekommt Einblicke in Dachgärten, Schulhöfe und klettert oberhalb der Stadttor-Gewölbe zu tollen Aussichtspunkten. Immer strahlt die goldenen Kuppel des Felsendoms über der Stadt.

Von der Dachterrasse des österreichischen Hospizes lässt sich der Felsendom besonders gut betrachten. Die Gruppe verbringt dort nach dem Genuss der schönen Aussicht einen Großteil der Mittagspause im Schatten des original österreichischen Kaffeegartens. Bei Temperaturen von gut 28 Grad ist das auch notwendig.

Während man bei einem Stück Apfelstrudel mit Sahne und einer Tasse Melange oder einem Verlängerten ausspannt, könnte man ja mal die elektronischen Nachrichten aus der Heimat lesen, denkt sich der ein oder andere Exil-Krefelder. Bei dieser unnachahmlichen Mischung aus österreichischer Gastlichkeit, israelischer Konfusion an der Bestelltheke und gleichzeitiger arabischer Beschallung durch den Muezzin (was? schon wieder? ja, fünf mal am Tag.) ist es kaum zu glauben, was man da so lesen kann. „Montessori gewinnt School Battle“ steht da, und dazu ein tanzender Kollege im Videoclip. Was? Ohne unsere Unterstützung? Dann muss es ja ganz toll gewesen sein.

Andere Nachrichten lauten: „Pinguine Trainer entlassen.“ oder „Krefeld schippt Schnee. 5 Zentimeter Pulver ist gefallen.“ Alles ziemlich frostige News. Nora blickt versonnen in den blauen Himmel, betrachtet die Palmen entlang des Hospiz-Gartens und verreibt dabei die letzten Spuren der Sonnenmilch auf ihrem Arm. Ihr Entschluss steht fest: Wir bleiben lieber noch ein paar Tage hier.

Der Mann von Welt hat endlich mal Muße, seine Aktienkurse an der NYSE zu checken, und das ganz analog. Das alles bietet das österreichische Hospiz.

In der St. Anna Kirche bei den Bethesda Teichen kann man gut singen. Das Gewölbe liefert einen unglaublich langen Nachhall und lässt auch mittelgute Gesangsgruppen ordentlich  klingen. Der Montessori-Israel Chor stimmt hier nach kurzer Beratung und unter der Leitung von Dirigiertalent Jakob relativ spontan die Nummer eins der Schulgottesdienst-Charts an. „…Himmöl und Erdeeee…“ schallt es hinauf in die Kuppel und wieder zurück. Gar nicht schlecht --  gaaaar nicht schlecht… meinen auch die Zuhörer und spenden Applaus.

Jetzt ist endlich die Grabeskirche an der Reihe. Die bischöfliche Delegation geht nicht einfach so da hin, sondern betet den Kreuzweg, dessen vierte Station direkt vor dem Hospiz liegt. Das ist nicht einfach, denn die Via Dolorosa geht durch den arabischen Souk (Markt) und die Händler dort drehen so richtig auf, wenn sie eine christliche Pilgergruppe sehen. Ähnlich muss es auch Jesus ergangen sein, als er an einem Wochenende im Frühling sein Kreuz hier entlang trug. Es war warm, laut und stickig in den Gassen. Die Zuschauer waren ihm damals ebenfalls keine Hilfe – mit Ausnahme von Simon von Cyrene und Veronika; beiden sind eigenen Kreuzwegstationen gewidmet. Jesus ist den Verlauf der heutigen Via Dolorosa nie gegangen, aber das stört die kleine Prozession überhaupt nicht.

  

Nerviger ist da schon der Riesen-Rummel vor dem Eingang der Grabeskirche. Die Armenischen Mönche verlassen gerade in Prozessionsform die Kirche. Dafür ist alles abgesperrt und der Platz platzt aus allen Nähten. Sobald die Sperren entfernt sind, strömen Tausende ins Innere der Kirche. Beim eigentlichen Grab Jesu stehen schon geschätzt 300 Menschen in der Schlange. Es wird geschoben und gedrängelt und es herrscht ein ziemlicher Lärm. Alles wenig andächtig.

Viele BMMGler wollen so gegen 19 Uhr wiederkommen, um etwas mehr Ruhe zu haben. Das Programm endet hier und natürlich finden alle den Weg ins Hotel. Im Vorbeigehen werden noch Souvenirs gekauft. Auch dabei wird um jeden Cent gefeilscht. Aus den anfänglichen 10 Schekeln für einen Kühlschrankmagneten werden „zwei für sieben“. Gekauft.

Als die letzten Schülergruppen aus der Altstadt im Hotel eintrudeln sind die Lehrer gerade in einem Restaurant am anderen Ende der Stadt beim Feilschen um die Buskosten. Da das anstrengend ist, wird anschließend lecker gegessen

n.