Schule in Israel ist irgendwie anders.

12März2018

Bis jetzt hat der Austausch 2018 mehr außerhalb des Beit Biram Schulgeländes statt gefunden. Das ist auch so geplant gewesen und bedeutet ja auch nicht, dass hier nichts gelernt wird. Es gibt ja schließlich auch "außerschulische Lernorte" - so heißen Ausflüge in offiziellem Ministerdeutsch. Man kann es statistisch ja nicht beweisen, aber die Initiatoren und Betreuer der Schulpartnerschaft wagen zu behaupten, dass die Montekinder in diesen zwölf Frühlingstagen mehr Einsichten gewinnen, als in einem ganzen Jahr Geschichtspolitikgeographie-Unterricht. Oder sogar in zwei.

Gewinnen tun sie meist noch mehr. Der beste Beweis sind die kleinen Päckchen, die die Reisenden gelegentlich von Teilnehmerinnen und Teilnehmern vergangener Jahre in die Hand gedrückt bekommen. Auch 2018 wird so einiges hin- und her transportiert. Es ist also nicht nur so eine Redensart - es stimmt wirklich. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft - und sind der beste Beweis dafür, dass Völkerverständigung nicht nur bei Staatsbesuchen gefördert wird. Ohne die Basisarbeit, ohne den Kontakt zwischen jungen Menschen aus beiden Staaten machte die Diplomatie keinen Sinn. Schon der damalige Bundespräsident Johannes Rau hat das in seiner Rede am 17. Januar 2000 vor der Knesset, also im israelischen Parlament, betont: Ich hoffe auf die Jugend unserer Völker. Ich bin überzeugt davon: Wenn wir der Jugend die Erinnerung weitergeben und sie zu Begegnungen ermutigen, dann brauchen wir uns um die Zukunft der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland nicht zu sorgen.

Das israelische Erziehungsministerium weiß schon seit Oktober, dass die Montessori-Abordnung im März 2018 im Heiligen Land unterwegs sein wird. Dennoch haben sich die zuständigen Herren und Damen darüber hinweggesetzt und genau für den heutigen Tag eine Art Erste-Hilfe Kurs anberaumt. Und das sogar verpflichtend für alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11. Es wird also wieder nichts mit dem gemeinsamen Tag in der Schule. Viele BMMG Schüler nehmen anfangs auch an diesem Kurs teil, aber eher aus transportpraktischen Gründen.

Gegen 9 gibt es neue Instruktionen. Der Holocaust Survivor (mehr) NN ist eingetroffen. Raumwechsel. Die israelischen Schüler machen derweil noch den Kurs, sind also mehrheitlich nicht da. Kommen dann aber nach und nach dazu.  Die wohlhabende Kaufmannsfamilie wurde 1941 von den Nazis enteignet. Mit viel Glück und Bestechungsgeld schaffte es NN, den Holocaust zu überleben. Andere Familienmitglieder starben in den KZs. NN. ging nach Israel und half dort beim Aufbau des Staates.

Es bleibt noch Zeit für 3-4 Fragen, dann muss NN gehen. Schulleiter Mendi schaut noch eben herein. Wir denken, er wolle die deutsche Delegation begrüßen, aber er merkt wohl nicht, dass die Anwesenden in der Mehrzahl gar keine Reali Schüler sind. Nach zwei Minuten Kurzvortrag über die Wichtigkeit der Holocaust Survivors und einem Händshake mit selbigem verschwindet er wieder. Pause.

Schon wieder müssen die israelischen Schüler für einen weiteren überraschend anberaumten Test zum Unterricht Sie verpassen daher mehrheitlich die nachfolgenden Filmclips über einen Austauschbesuch aus Bremen, Am Ende sind doch wieder alle da. Eine zehnminütige Diskussion über Erinnern und Vergessen schließt sich an. Hier hätte man noch ein wenig mehr Zeit investieren können, denn anhand der zwei, drei Fragen ist leicht ablesbar, dass es auf beiden Seiten noch inhaltliche Defizite gibt. Das nächste Date ist aber schon erreicht. Die Gruppe schreitet durch ein gesichertes Tor und betritt das Gelände der Militärakademie.

Die Militärakademie der israelischen Streitkräfte IDF kooperiert seit Jahren mit der Reali School. Von über 1000 Bewerbern jährlich für diese Armee-Kaderschmiede werden nur 60 angenommen. Die Auswahl ist hart, aber wer einen Platz ergattert, kann sich der Bewunderung seiner Altersgenossen sicher sein. Die Armee genießt ein sehr hohes Ansehen. Schon ab einem Alter von 16 Jahren erhalten die Auswerwählten als Kadetten eine dreijährige militärische Ausbildung in Ergänzung zu den allgemeinbildenden Fächern, die sie auf der Reali School belegen. Dabei dürfen sie hier sogar schon als 16jährige mit scharfer Munnition und einem eigenen M16 Gewehr hantieren. Ziel ist es, besondere Talente frühzeitig zu erkennen und sie unabhängig von ihrer Herkunft und sozialen Schicht für spätere Führungsaufgaben auszubilden.

Das alles erfährt die BMMG Delegation von einem smarten 17jährigen Kadetten in Uniform, der vor einem großen Panzer steht. Hinter diesem Panzer-Denkmal verbirgt sich eine heroische Geschichte. Vier junge Soldaten der Militärakademie hatten sich in einem Akt der Verzweiflung entschlossen, während eines „Zwischenfalls“ in der Wüste diesen feindlichen Panzer mit ihren M16 Gewehren anzugreifen. Da sie mit ihren Waffen gegen diesen Stahlklumpen natürlich hoffnungslos unterlegen waren, kamen sie bei diesem Einsatz ums Leben. Der Panzer steht jetzt nicht etwa als Symbol für Dummheit oder die Sinnlosigkeit militärischer Operationen hier, sondern sei ein „Denkmal für Heldentum und Kameradschaft“, so erklärt man uns. Bevor die Zuhörer darüber so richtig nachdenken können ("Any questions? No? Let's go.") geht es schon weiter zu den Unterkünften des Militär-Internats. Hier wohnen die angehenden Offiziere jeweils zu viert in einem Zimmer. Es sieht nicht gemütlich aus - soll es ja auch nicht sein.

Und jetzt zum Fußball.

Die Montekickers treten spontan gegen eine Reali-Auswahl an. Der Anpfiff verzögert sich dabei erst mal um 30 Minuten, da erst jetzt aufgefallen ist, dass es gar keinen Ball gibt. Auch der Platz selbst scheint von anderen (großen, breiten, starken)  Jungs gebucht zu sein. Liri aus Haifa sorgt - ebenso spontan -  für ein kleines sportliches Ersatzprogramm. Als es endlich losgeht, muss der Chefblogger ins Lehrerzimmer eilen, wo ein Mitglied der Reisegruppe ein Kreislaufproblem hat. Der Abtransport ist schnell arrangiert (und der Patientin geht es nach ein paar Stunden Schlaf auch schon wieder besser),  aber das Match ist vorher schon zu Ende wohl schnell zu Ende gegangen - ein Ergebnis ist nicht überliefert; Bilder gibt es auch erst mal keine.

Innen trifft man sich gegen zwei Uhr zur Feedback-Runde und befindet, dass es bis jetzt ein schöner Tag gewesen sei. Und schon löst sich die Gruppe auf. Man fährt mit dem Bus nach Hause oder in die Stadt, oder es gibt noch Unterrichtsstunden für die Reali Schüler.

Und die begleitenden Lehrer? Testen mal das Angebot in der "Grand Canyon Mall", bleiben im Café hängen und sondieren Badegelegenheiten am Toten Meer aus, telefonieren dafür schon kräftig und orientieren sich für morgen. Auch beim Rückweg den Berg hoch mit ddem Bus ist Orientierung gefragt. Bus 137 kommt jetzt nicht. Können wir auch den 136er nehmen?